Kitafrei leben. Ungeplant – zwischen Freiheit, Glück und ein wenig Verzweiflung

Kitafrei leben, ungeplant. Zwischen purer Freiheit und Glück und
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Niemals, nein wirklich niemals hätte ich gedacht, dass wir einmal kitafrei leben werden. Früher –  also in der Zeit vor meinen Kindern – kannte ich nicht einmal diesen Ausdruck – kitafrei leben. Und jetzt leben wir auf einmal ungeplant kitafrei…

Für mich war es noch normal, dass Kinder irgendwann mit einem Jahr in die Krippe, Kita oder zur Tagesmutter gehen. Bis ich selber Mutter wurde…

Zur Tagesmutter mit 1,5 Jahren…

Emil ist mit 1,5 Jahren zur Tagesmutter gekommen. Nicht weil ich es unbedingt wollte, sondern weil ich wieder zur Arbeit musste…wenn auch nur für fünf Monate. Denn ich war schwanger mit Nummer 2. Ich war dankbar, dass es eine Tagesmutter war und keine Krippe in einer Kita. So war es noch ein kleiner, familiärer Rahmen.

Es fiel mir sehr schwer, auch wenn ich wusste, dass er dort zu dem Zeitpunkt glücklich und zufrieden war. Über mein Gedankenkarussel während der Eingewöhnung habe ich damals geschrieben. Allerdings hatten wir dank „Corinna“ und Lockdowns nach der Eingewöhnung diverse und zum Teil lange Pausen…

Hin und her…Betreuung auf, Betreuung zu…

Nach dem ganzen hin und her und zu und aufs dank „Corinna“, wollte mein Sohn irgendwann nicht mehr zur Tagesmutter gehen.

Nachdem seine kleine Schwester geboren wurde hat er gesehen, dass sie auch immer bei Mama ist. Die Stunden hatten wir recht zügig auf 3,5h reduziert. Ich wollte ihm die gemeinsame Zeit mit den Kids nicht sofort ganz nehmen und gleichzeitig auch mal nur Zeit für seine kleine Schwester haben.

Mein Sohn äußerte immer häufiger den Wunsch, zuhause zu bleiben. Hinzu kam, dass es bei der Tagesmutter eine örtliche Veränderung gegeben hat. Und so kamen wir schließlich etwas ungeplant zum kitafrei leben.

Kitafrei leben? Aber Kita muss doch sein, oder?

Ja, auch ich stecke in den alten Denkmustern und der „gesellschaftlichen Norm“ noch tief drin. Wir machen vieles, weil man es eben so macht. Aber ist das gesund? Ist das der richtige Weg? Ist es das was unsere Kinder wollen? Ich habe begonnen vieles immer mehr zu hinterfragen, seitdem ich selbst Kinder habe. Kitafrei leben ist ein Baustein darin…

Emil ist glücklich, wenn wir auf den Spielplatz gehen, uns mit anderen Kindern verabreden, spielen, basteln, toben oder gemeinsam einkaufen gehen. Lange habe ich gedacht, dass ich ihm nicht gerecht werden kann, dass ihm der Alltag ohne Kita nicht reicht.

Und ja… Es gibt Tage, an denen es anstrengend ist, auch mal langweilig und nervig. Und dann gibt es wiederum Tage, die einfach nur super schön, entspannt und fröhlich sind.

Übrigens bin ich selbst nie gerne in den Kindergarten gegangen. Statt Spiel und Spaß war die Kita für mich vielmehr ein traumatisierendes Erlebnis. Vielleicht auch ein Grund, weshalb ich meinen Sohn heute mit seinem Wunsch ernst nehme.

Kitafrei leben bedeutet Verantwortung

In der Vergangenheit habe ich viele Eltern kennengelernt, die bereits einen anderen Weg gehen. Die ihren eigenen Weg gehen. Für sich und die Familie. Die sich bewusst dazu entschieden haben, zunächst drei Jahre und auch noch länger zuhause zu bleiben und kitafrei zu leben. Ich bewundere es und finde es mutig.

In der Kita sind soziale, gleichaltrige Kontakte gesichert. Mittags steht das Essen auf dem Tisch. Die Kinder werden in ihrer Entwicklung begleitet und bekommen entsprechende Angebote. Das bedeutet ein Stück Verantwortung, die man in diesem Moment abgeben darf und kann.

Kitafrei leben bedeutet somit für all dies selbst die volle Verantwortung zu übernehmen. Für gleichaltrige Kontakte und ausreichend Bewegung zu sorgen, ein vernünftiges Essen (ob es das in Kitas immer gibt, darüber können wir streiten 😉 ) und sein Kind in seinen Interessen und der Entwicklung zu unterstützen.

Ebenso bedeutet kitafrei leben gleichzeitig mehr Flexibilität, mehr Möglichkeiten auf die Individualität des Kindes eingehen zu können und mehr Familienzeit.

Wahrlich gibt es wohl nicht den einzigen, richtigen Weg. Sondern nur viele, viele unterschiedliche Wege und jede Familie muss ihren eigenen finden und für sich die richtige Lösung finden.

Kitafrei leben bedeutet umdenken

Mit der Geburt meiner Tochter habe ich mich etwas freier von der „Norm“ gemacht und zunächst drei Jahre Elternzeit eingereicht. Ohne erstmal zu wissen, wie genau diese Jahre aussehen sollen, wie genau wir es finanzieren wollen, geschweige denn was danach kommt.

Ich wusste nur, dass ich Zeit haben möchte auf die Bedürfnisse meiner Kinder einzugehen.  Für mich persönlich möchte ich die Zeit für Weiterbildungen nutzen. Klar, das geht nur begrenzt und nur wenn die Kids schlafen.

Die Frage, ob Emil mal in den Kindergarten gehen möchte, verneint er. Vielleicht wird sich das irgendwann wieder ändern. Ich weiß es nicht, die Zeit wird es zeigen. Vielleicht geht er auch irgendwann gemeinsam mit seiner kleinen Schwester eine Zeitlang in den Kindergarten. Vielleicht auch nicht.

Bis dahin verbringen wir eine schöne Zeit gemeinsam, kitafrei. Bei gutem Wetter geht es lange an die frische Luft, auf den Spielplatz oder in den Wald, bei schlechtem Wetter machen wir etwas schönes zuhause.

Wie wir uns sonst die Zeit vertreiben? Schaue dir doch meine 25 Spielideen für 2-jährige an. Vieles davon findet auch mein 3-jähriger Emil noch gut 🙂

Keine Termine und Verpflichtungen und keine Zeit für sich…

Ich selber schätze die Freiheit, keine Verpflichtungen oder Termine in Form von „um 08:30 Uhr muss Emil in der Betreuung sein“ zu haben.

Das ist sicherlich ein Vorteil vom Kitafrei leben. Wir können entspannt in den Tag starten. Je nach den aktuellen Bedürfnissen. Wir können ausschlafen und anschließend gemeinsam in aller Ruhe frühstücken. Wir haben unseren eigenen Tagesablauf.

Mich persönlich treibt es jedoch auch ab und an in die Verzweiflung. Denn Zeit für mich oder für andere Dinge gibt es fast nicht mehr. Egal was ich mache, es sind immer zwei Kinder um mich herum. Für mich persönlich kann das auch mal anstrengend und frustrierend sein. Ein Nachteil des Kitafrei leben…

Weiterbildungen müssen warten oder ziehen sich in die Länge. Eigene Bedürfnisse müssen zurückgestellt werden. Der Haushalt kommt auch nur schleppend in Gang und dann auch nur im Schneckentempo, trotz fleißiger Hilfe von Emil. Zum Glück packt auch mein Mann mit an.

Pausen gibt es nur, wenn beide Kinder schlafen. Also abends, jedoch selten vor 20 Uhr.

Dennoch bin ich dankbar über die gemeinsame Zeit und über die Möglichkeit meine Kinder so intensiv aufwachsen sehen zu können und stets auf ihre Bedürfnisse eingehen zu können. Und mir ist durchaus bewusst, dass es in der heutigen Zeit auch so etwas wie Luxus ist.

Ein Blick in die Zukunft…Kitafrei, Job und Schule…

Was ich heute schon weiß. Ich werde wohl nicht so schnell wieder einen klassischen Job haben wollen. Ich wünsche mir auch weiterhin diese Flexibilität und diese Art von „Luxus“, in diesem Umfang auf die Bedürfnisse meiner Kinder eingehen zu können. Das geht -wenn überhaupt- nur mit einem Job, den ich mir zeitlich frei einteilen kann.

Und mir graut es schon heute vor der Schulzeit. Ich selbst bin nicht gerne in die Schule gegangen. Das Schulsystem in Deutschland empfinde ich als nicht mehr zeitgemäß. Aber wer weiß schon, was bis dahin noch passiert. Das Leben steckt voller Überraschungen…

Wie schaut es bei dir aus? Geht dein Kind in die Kita? Lebst du vielleicht kitafrei oder wäre kitafrei leben etwas für dich?

Liebe Grüße,

Bea

Unser Update ein knappes Jahr später…

Wow mittlerweile ist viel passiert… Wir sind nach Dänemark ausgewandert. Ich habe meinen alten Job noch in der Elternzeit gekündigt (und das fühlte sich so großartig an!!!) und mein Sohn geht doch tatsächlich seit August 22 in einen Kindergarten 😉

Allerdings nicht irgendeinen, sondern auf einen Bauernhofkindergarten und derzeit auch nur 3,5 Stunden pro Tag. Unsere kitafreie Zeit ist somit beendet. Zugegeben, die Eingewöhnung war nicht einfach. Allerdings haben wir alle gemerkt, dass er dringend andere Kinder braucht und das auch regelmäßig!!!

Und da die Mehrheit der dänischen Kinder Institutionskinder und viele sogar Vollzeit in Betreuung sind, haben wir uns nach einem halben Jahr dazu entschieden, dem Kindergarten eine Chance zu geben. Nach nur vier Monaten dort, versteht er fast vollständig dänisch und ist angekommen.

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6 Kommentare

  1. Susanne Zenichowski

    Hallo Bea,

    Dein Beitrag gefällt mir. Allerdings bedeutet es sehr viel Verantwortung und man muss sich auch darauf einlassen, dass man eben die Bezugsperson für das Kind ist, also eben aus Sicht des Kindes denken. Will man, dass das Kind Verhaltensweisen etc. von einem selbst übernimmt?

    Ich selbst habe 6 Kinder und habe auf Grund des Berufes meines Ex-Mannes (Artist) kitafrei gelebt, selbst war ich nur ganz kurz in der Kita und habe bei meinem Bruder auch sehr traumatische Kita-Erlebnisse beobachtet. Aus dem Grund und weil meine Kinder alle 2,5 Jahre kamen, war es natürlich selbstverständlich für mich, sie nicht in die Kita zu schicken. Über 3 Monate musste mein Sohn mit 2 Jahren in die Kita (zusammen mit seiner Schwester 4 Jahre), das hat ihn sehr schmerzlich getroffen. Daher habe ich es dann bei den folgenden Kindern nie wieder versucht, aber ab 3 Kinder war der Alltag auch einfacher, weil sie sich sehr gut miteinander beschäftigen konnten. Auch ist der Abstand – wie bei Dir – mit ca. 2,5 Jahren absolut ideal, sie können noch sehr gut miteinander spielen.

    Ich wünsche Dir noch eine schöne Zeit mit Deinen Kleinen, man sollte wirklich jede Minute mit den Kindern genießen und gemeinsam spielen, kochen, reden – ruckzuck sind sie groß und wollen nicht mehr soviel mit uns zu tun haben. Meine sind größtenteils inzwischen erwachsen und seit 2 Monaten bin ich Oma von meinem ersten Enkel. Mit allen Kindern habe ich aber ein super Verhältnis und bin sehr glücklich, wie sie mich an ihrem Leben teilhaben lassen, dies sicher auch, weil ich eben durch das kitafreie Leben wirklich eine wichtige Bezugsperson für sie geworden bin.

    Alles Liebe
    Susanne

  2. Emil steht Kopf

    Liebe Susanne, das klingt wundervoll 🙂 alles liebe dir! Bea

  3. Hallo liebe Bea!

    Ein wirklich sehr schöner Beitrag.
    Wir haben zwei Kinder (3) und (2) und ich habe vor der Geburt meines ersten Kindes immer gesagt, mit spätestens 2 kommt sie in die Krippe!
    Naja Pustekuchen haha als Sie geboren ist, hat mir der Gedanke monatelang Bauchschmerzen bereitet und mein Mann und ich haben uns dann lange unterhalten und gefragt, warum „müssen“ wir?
    Weil es der Norm entspricht?
    Weil unsere Familien bei jedem treffen nachfragt, wo sie denn jetzt angemeldet seie und wann sie endlich in die Krippe kommt.
    Wir haben uns von all dem „befreit“ und uns entschieden, dass wir auf unser Gefühl hören und auch Studien gelesen, in denen beschrieben wird, wie hoch der Cortisolwert bei Kindern in Krippe sowie Kita ansteigt und dass das alles andere als gesund ist.
    Kontakt zu anderen Kitafreien Familien haben wir auch jede Woche und ja, ich kann auch bestätigen, dass man erst Zeit für sich hat wenn sie schlafen :).
    Aber nichtsdestotrotz, es war die beste Entscheidung!
    Auch wenn wir wie Exoten angeschaut werden, wenn wir sagen, dass wir Kitafrei sind und das auch bis zur Schule ☺️

  4. Emil steht Kopf

    Liebe Lana,
    ich glaube ihr bzw. wir seid/ sind keine Exoten 🙂 mittlerweile lerne ich immer mehr Familien kennen, die Ihre Kinder zuhause haben. Und sogar auch Schulkinder, weil diese freilernen. Nur ist es leider in Deutschland extrem selten und auch nur schwierig umzusetzen.
    Viele Grüße
    Bea

  5. Hallo Bea,
    vertrau auf dein Bauchgefühl und auf das deiner Kinder. Meine Zwillinge kommen dieses Jahr nach einer langen aber auch wertvollen gemeinsamen kitafreien Familienzeit in die Schule und freuen sich total darauf. Sie kamen mir sogar völlig gelöst und sicher vor, als sie zu dem Kennenlernen mit ihren zukünftigen Klassenkameraden gingen, mehr noch als die anderen“Kita Kinder“, die sich ja auch schon aneinander und an einen gewissen Alltag in der Kita gewöhnt hatten. Es ist eine normale Regelschule, doch die Lehrerin ,(sie war auch die Klassenlehrerin meines ältesten Kindes) ist sehr herzlich und arbeitet mit alternativen Methoden, die die Selbststeuerung und Motivation in den Vordergrund stellen. Also von daher kann ich nur Mut machen und drück euch die Daumen, dass liebevolle, aufmerksame Menschen euch auf eurem Weg begleiten werden!

  6. Emil steht Kopf

    Liebe Yvonne,
    das klingt wunderbar 🙂

    Mein Sohn wird ab August in einen Bauernhofkindergarten gehen. Er sehnt sich derzeit sehr nach anderen Kindern und ist stets sehr enttäuscht, wenn der Spielplatz mal wieder leer ist. Hier in Dänemark sind die Kinder ja leider „Institutionskinder“, weshalb es schwer ist Kontakte zu finden, die unter der Woche Zeit haben.

    Von daher probieren wir jetzt den Kindergarten aus, der zum Glück sehr flexibel in den Zeiten ist. Mal schauen, welches Modell wir dann am Ende basteln werden. Ich sehe ihn dort nicht 5 Tage die Woche, vielleicht 3 Tage und auch höchstens 5 Stunden am Tag.

    Liebe Grüße und euch einen tollen Schulstart!
    Bea

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